5. Oktober 2009

porno-teo-kolossal

im Auditorium nur feingekleidete Leute, das Institut selbst ist eingerichtet wie die Wohnzimmeretage eines teureren Möbelhauses, man hat Jugendstil und Postmoderne zu vereinen versucht, in dieser ehemaligen Fabriketage im Prenzlauer Berg wird man eher an die Interieurs aus Benjamins Berliner Kindheit erinnert als an Pasolini.
Ich habe nie einen besonderen Zugang zu Pasolinis Texten gefunden, wohl aber zu seinen Filmen. Ein Dokumentarfilm über ihn, der aus found footage und billigen Animationen besteht, vom ununterbrochenen Redefluß eines Sprechers aus dem off getragen wird, ohne deutsche Untertitel, gewährt mir wenig Vergnügen. Dennoch sitzen die meisten der Zuhörer, die eben noch um Kopfhörer anstanden, weil sie des Italienischen ebensowenig mächtig sind, geduldig auf ihren Plätzen. Dabei dolmetscht doch niemand für sie. Man gibt viel Geld für Repräsentation aus, hat aber kein Budget für die Untertitelung des gezeigten Filmes.
Zur verdolmetschten Einführung hatte der Redner die Liebe zum Subproletariat und den Haß auf das Bürgertum als Leitmotive von Pasolinis Schaffen referiert. Symptomatisch für unsere Zeit, sich einen Samstagabend zu gönnen, an dem man schön in Schale einen Film verfolgt, den man nicht versteht, wenn er die Stimme eines toten Mannes wiedergibt, der nichts mehr gehaßt hätte als einen selbst. Dabei steht gar nicht mehr die Arroganz im Vordergrund, einen ehemaligen Rebellen zu vereinnahmen, sondern die implizite Selbstverachtung, die darin liegt, dies für Kultur zu halten.

Nachdem auch S. die folgende Diksussion nicht ertrug, gingen wir im mir fast gänzlich fremden Mitte eine Band anschauen, die Jazz mit Reggae mischt und erfreulicherweise ohne Gentleman-Attitüde auskommt. Danach ausgelassen rumgehüpft zu Musik, die weder Pasolini noch sein heutiges Publikum ertragen hätten.

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